„Wir haben die nachhaltigsten Einwegsysteme“, Jens Christoph, CFO, Leef Blattwerk GmbH

Die Leef Blattwerk GmbH produziert Geschirr, nachhaltige Verpackungen u.a. für Take-away, die aus Palmblättern hergestellt werden. Aber auch außerhalb des Food-Segmentes stellt Leef Produkte her, zum Beispiel kompostierbare Seifenkerne für einen aufstrebenden Hersteller in den Niederlanden. Im gesamten Produktionsprozess gibt es keine chemische Bearbeitung der Palmblätter. Neben der Nachhaltigkeit zeichnen sich die Produkte auch durch eine besondere Ästhetik aus, wie CFO Jens Christoph im Gespräch mit GREEN BONDS erläutert. Um die Produktion auszubauen, begibt das Unternehmen eine fünfjährige Anleihe mit einem Volumen von bis zu 5 Mio. Euro und einem Kupon von 9,00% p.a.

GREEN BONDS: In welchen Bereichen werden Ihre Produkte genutzt?

Christoph: Wir haben früher ausschließlich Caterer, Festivals und Außengastronomie beliefert – Veranstaltungen jeder Art. Aufgrund der Coronapandemie fanden keine Veranstaltungen statt. Wir haben das Geschäftsmodell umgestellt und Systeme mit Deckel entwickelt. Das sind Systeme mit transparentem Deckel oder Papierdeckel. Für viele Systeme haben wir Patente beantragt. Wir melden Patente immer in den USA, in Europa und in Indien an. USA und Europa sind Absatzmärkte, in Indien wird produziert. Wir haben Patente für Faltdeckel und Klicksysteme angemeldet. Bei Sealingsystemen rechnen wir in Europa zeitnah mit der Eintragung der Patente.

GREEN BONDS: Das sind Produkte für Take-away, die mit einer Folie oben verschweißt sind?

Christoph: Ja, die Produkte kommen hauptsächlich im Take-away zum Einsatz. Die japanische Kette Bento-Box  nutzt dieses System zum Beispiel und schwört auf den ästhetischen und praktischen Mehrwert, den dieses Take-Away-Geschirr hat.

GREEN BONDS: Wie ist die grundlegende Patentierbarkeit? In den Ländern, in denen Palmblätter anfallen, wurden diese früher auch schon für (Mehrweg-) Geschirr genutzt. Ist die Anwendung dann überhaupt patentierbar?

Christoph: Nein. Bei der Versiegelung haben wir das Verfahren der Versiegelung zum Patent angemeldet. Wir arbeiten gerade daran, Versiegelung auch im industriellen Bereich anzubieten. Dies erfordert, dass die Verpackung absolut luftdicht ist. Hierfür entwickeln wir gerade eine kompostierbare Beschichtung, um dann Produkte für die Verwendung unter Schutzatmosphäre tauglich zu machen. Das wird eine ganz neue Welt eröffnen, denn so sind typische Supermarktprodukte verpackt.

GREEN BONDS: Ihre Produkte kommen vorwiegend im Food- und Delivery-Bereich zum Einsatz.

Christoph: Ja, allerdings entwickeln wir auch Produkte für den Nonfood-Verpackungsbereich. Wir arbeiten mit einem lateinamerikanischen Kosmetikhersteller zusammen, der eine neue nachhaltige Produktlinie auf den Markt bringt, die mit unseren Produkten verpackt werden sollen. Das ist Teil unseres Risikomanagements, das in eine gezielte Diversifizierungsstrategie mündet. Nonfood ist ein wichtiger Teil dessen.

GREEN BONDS: Sie haben mir einige Muster geschickt. Ihre Produkte wirken deutlich hochwertiger als andere Einwegprodukte.

Christoph: Unsere Produkte unterscheiden sich fundamental von anderen Verpackungsprodukten aus Pappe, Aluminium, Plastik oder Bagasse. Wir sind vom Look and Feel sehr weit von anderen Einwegprodukten entfernt. Wir verkaufen den überwiegenden Teil unserer Produkte White Label (B2B). Viele Kunden haben ihre eigene Marken- und Kommunikationsstrategie.

GREEN BONDS: Es gibt in Deutschland eine neue Verordnung, wonach Restaurants auch Mehrweg-Verpackungen anbieten müssen. Sie bieten aber Einweg-Produkte an, oder?

Christoph: Als nachhaltiges Unternehmen haben wir kein Interesse daran, Mehrwegsysteme zu verdrängen. Es gibt aber Anwendungen, bei denen Einwegsysteme sinnvoll sind, auch unter Nachhaltigkeitsaspekten. Immer da, wo Mehrwegsysteme weite Transportwege haben oder energetisch problematisch sind, spielen Einwegsysteme eine wichtige Rolle. Wir haben die nachhaltigsten Einwegsysteme.

GREEN BONDS: Ihre Produkte machen einen wertigen Eindruck – oberhalb von Einweg, aber nicht so ganz robust wie Mehrweg. Kann man die Produkte nicht mehrfach verwenden?

Christoph: Im privaten Bereich werden unsere Produkte oft mehrfach verwendet. Man kann Sie aber nicht in der Spülmaschine reinigen sonst tritt die ursprüngliche Form des Palmblatts wieder zum Vorschein, die Oberflächen lassen sich aber leicht abwischen. In der Gastronomie kommt das aber aus hygienischen Gründen nicht in Frage.

GREEN BONDS: Wie verarbeiten Sie die Palmblätter genau? Es gibt keine chemische Behandlung oder Beschichtung, oder?

Christoph: Es findet gar keine chemische Bearbeitung statt! Wir nehmen Blätter, die von Palmen gefallen sind und die in großen Mengen anfallen. Üblicherweise werden die Palmblätter verbrannt, weil man gar nicht weiß, was man sonst damit machen soll. Die Palmblätter werden mit Hochdruckreinigern gereinigt, getrocknet und eingelagert. Vor der Produktion werden die Palmblätter dann befeuchtet und haben eine Konsistenz wie dickes Leder. Die Palmblätter werden unter Hitze in Form gepresst und geschnitten. Es gibt keinerlei Beschichtung. Es gibt nur eine UVC-Lichtbestrahlung zur Desinfektion und dann werden die Produkte schon verpackt.

GREEN BONDS: Das Thema Nachhaltigkeit ist für Ihre Kunden dann entscheidend?

Christoph: Wir greifen als einzige auf einen Grundstoff zurück, der nativ klimaneutral ist. Das Blatt hat während des Wachstums CO2 gebunden und fällt dann von der Palme. Bei allen anderen uns bekannten Produkten sind bei der Herstellung große Mengen von Wasser und Energie erforderlich. Häufig sind große Mengen von Chemikalien erforderlich, um die Produkte wasser- und fettresistenz zu machen. Im besten Fall sind unsere Produkte CO2-positiv, nämlich wenn man sie kompostiert. Das beim Wuchs gebundene CO2 wird dann in die Erde eingebracht als wertvoller Humus.

Die Ästhetik spielt aber auch eine ganz wichtige Rolle. Denn unsere Produkte heben sich von anderen Einwegprodukten sehr deutlich ab. Insbesondere die höherwertige Gastronomie benötigt geeignete Verpackungsprodukte. Bei uns kann man die Transportverpackung auch als ansprechende Servierpackung nutzen. Aber auch Nonfood-Verpackungen sind heute nicht selten eine kaum vertretbare Umweltbelastung, hier haben wir Lösungen - und zwar schon jetzt.

GREEN BONDS: Ihre Produkte sind kompostierbar. In der Praxis kommen die Verpackungen in den Biomüll, weil in Städten niemand kompostiert, oder??

Christoph: Ja. Unsere Verpackungen haben nach unserem Wissen als einziges Material auch die Zertifizierung für die Heimkompostierung. Industrielle Kompostierung scheitert oft an der Praxis. Viele theoretisch industriell kompostierbare Produkte werden aussortiert, weil die Anlagen kürzer laufen als es die DIN-Norm erfodert. Dieses Problem gibt es mit Palmblatt nicht.

GREEN BONDS: Wie hoch ist Ihr Umsatz?

Christoph: Wir hatten im vergangenen Jahr einen Umsatz von 1,3 Mio. Euro. In diesem Jahr wird der Umsatz in einer ähnlichen Größenordnung sein. Wir wachsen aktuell nicht, weil unsere Produktionskapazitäten begrenzt sind. Wir könnten zwar in der clusterbasierten aktuellen Produktion ebenfalls wachsen, hätten dann aber keine Skalierungseffekte. Daher emittieren wir auch die Anleihe. Wir wollen die Beteiligung an unserem Hauptlieferanten ausbauen. Wir sind mit unserem Hauptlieferanten aus Indien derzeit mit 10% beteiligt. Wir streben bei dem Lieferanten eine Kapitalerhöhung an und werden dann über einer Sperrminorität liegen. Wir wollen dort eine Fabrikationsanlage finanzieren, die deutlich zentralisierter ist, als dies jetzt der Fall ist. Damit gestalten wir den Produktionsprozess deutlich effizienter und günstiger, als es die momentane Produktionslandschaft zulässt.

GREEN BONDS: Wie sind die Eckpunkte der Anleihe?

Christoph: Unsere Anleihe hat einen Kupon von 9,00% p.a. Die Anleihe kann über „DirectPlace“ (Börse Frankfurt) gezeichnet werden. Die Anleihe hat ein Volumen von bis zu 5 Mio. Euro und eine Laufzeit von 5 Jahren.

GREEN BONDS: Wie hoch ist Ihr Eigenkapital?

Christoph: Aktuell haben wir ein wirtschaftliches Eigenkapital von ca. 6 Mio. Euro. Eingerechnet sind Mezzanine und Gesellschafterdarlehen, die auch zum wirtschaftlichen Eigenkapital zählen. Wir setzen auf einen möglichst diversifizierten Kapitalmix.

GREEN BONDS: Sie bieten eine interessante Wachstumsstory. Und Take-away ist in anderen Ländern viel verbreiteter als in Deutschland, sicher auch in der gehobenen Gastronomie. Sie bieten eigentlich eine interessante Equity Story. Wäre Ihnen nicht mit deutlich mehr Eigenkapital viel mehr geholfen als mit einer 5 Mio. Euro-Anleihe?

Christoph: Wir sind ein Unternehmen, das produziert. Unsere Produkte sind nicht so skalierbar wie IT oder Software. Wir sind eine Manufaktur. Auch wenn wir unserer Produktion deutlich ausbauen, produzieren wir Unikate, das ist für die typischen Venture Capital Funds nicht interessant. Aber es gibt starkes Interesse von privatem Kapital.

GREEN BONDS: Sie werden laut Wertpapierprospekt Eigenkapital benötigen, um ggf. eine bilanzielle Überschuldung zu heilen. Wäre das nicht ein logischer erster Schritt gewesen?

Christoph: Wir sind aktuell mit ausreichend wirtschaftlichem Eigenkapital ausgestattet. Wenn es erforderlich sein sollte, dann wenden wir uns an unsere Gesellschafter, die in der Lage sind, weiteres Eigenkapital zu investieren. Zudem gibt es eine Reihe von Interessenten, die gerne Gesellschafter werden würden. Für uns ist der Finanzierungmix wichtig, außerdem möchten wir unsere bestehenden Gesellschafter, besonders unseren Gründer, nicht unnötig verwässern.

GREEN BONDS: Gibt es andere Produkte, die mit Ihren Produkten vergleichbar sind?

Christoph: Aus der Wettbewerbsperspektive ist es am ehesten Bagasse, das ist ein Produkt aus gepressten Zuckerrohrfasern. Bagasse ist ein starkes Konkurrenzprodukt, das oft als Klappverpackung genutzt wird. Bagasse ist aber nicht wirklich wasser- oder fettresistent. In Bagasseprodukten sind i.d.R. PFAS (per- und polyflorierte Verbindungen) enthalten, um das zu gewährleisten. Diese Produkte sind hochproblematisch. Bei umweltinteressierten Kunden sind das absolute No-Gos, auch rechtlich werden Verbote bereits intensiv diskutiert. Produkte aus Bagasse liegen preislich ca. 20-25% unter unseren Produkten. D.h. der Preisabstand ist klein und unsere Preise sinken mit der neuen Produktion.

GREEN BONDS: Wann werden Sie den Break-Even erreichen?

Christoph: Wir streben im Laufe des nächsten Jahres ein operativ positives EBIT an. Entscheidend dafür ist, wie schnell wir die Produktionskapazitäten aufbauen können.

GREEN BONDS: Welchen Ausblick können Sie geben? Wo stehen Sie in fünf Jahren, wenn die Anleihe fällig wird?

Christoph: In fünf Jahren blicken wir auf ein erhebliches Wachstum zurück. Wir sind in einer größer werdenden Nische tätig und haben eine überschaubare Anzahl von großvolumigen Kunden. Wir führen aktuell Gespräche mit verschiedenen Global Playern.  Wir sind bereits heute ‚die‘ relevanten Entwicklungspartner für Produkte aus Blättern. In fünf Jahren wird das nicht nur weiterhin so sein, es wird auch jeder wissen.
GREEN BONDS: Welche Kunden bieten für Sie großes Potenzial?

Christoph: Das sind Verpackungsbroker für Food- oder Nonfood-Verpackungen, Großhändler und Einzelkunden, die mit unserer MOQ von Containerlieferungen umgehen können. In allen Bereichen sprechen wir mit mit mittelgroßen und großen Unternehmen, um das Wachstum gezielt zu steuern und eine gute Risikostreuung zu erreichen. Dazu kommen Entwicklungsprojekte, die längeren Vorlauf haben, wie dem Kosmetikhersteller aus Lateinamerika. Wir sind in Verhandlungen mit industriellen Herstellern von Sushi, die verschiedene Produktlinien haben. Wir sprechen mit diesen über Verpackungen für deren Premiumprodukte. Mit jedem einzelnen solcher Unternehmen könnten wir einen siebenstelligen Umsatz erzielen.

GREEN BONDS: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Christian Schiffmacher.
Foto: Management © Leef Blattwerk GmbH

 

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